Mittwoch, 17. Januar 2018

Nachschau 05.01.2018: Frauen der Reformation                  Jürgen Staas
 Referentin:  Marlies Meyer 

Es gab eine gewiss begrenzte, aber doch bemerkenswerte, erinnerungswürdige Gruppe von Frauen, die von der Reformation ergriffen waren und sich für sie individuell verschieden engagierten.  Sie waren, damals eher eine Ausnahme, alphabetisiert, ja gebildet,  sei es vom adligen Elternhaus her,  durch das Kloster, oder gar durch Bürgerschulen.  Sie korrespondierten mit Reformatoren, suchten ihre Nähe, dichteten, verfassten Flugschriften, wobei auch ihnen der noch neue Buchdruck zu Hilfe kam, oder leisteten soziale Dienste. -  Typisch und am bekanntesten ist wohl Luthers Frau Katharina von Bora. Als Nonne hatte sie Luthers Schriften kennen gelernt. Sie war gebildet, konnte mitreden, hat die Reformation indirekt mit gefördert, war aber selbst keine aktive Reformatorin, sondern eine geniale Wirtschafterin. -  Argula von Grumbach war als Adlige von Haus aus gebildet, las Latein, hatte gute Bibelkenntnisse  und korrespondierte mit Männern der Reformation. - Eine besondere Frauengestalt war Olympia Fulvia Morata aus der Lombardei. Durch ihren Vater war sie mehr calvinistisch geprägt.  Sie war eine humanistisch gebildete Gräzistin, verfasste Gedichte und konnte die Rolle einer Hochschullehrerin ausfüllen. Sie starb leider viel zu jung an der Pest.  -  Zu nennen wäre noch Elisabeth Cruciger, auch sie ehemalige Adlige und Nonne,  später Ehefrau des Predigers und Professors Caspar Cruciger  in Wittenberg, also bemerkenswert die Nähe zu Luther.  Sie ist die erste evangelische Liederdichterin.  Im EG Nr  67 findet sich von ihr ein Epiphaniaslied.  -  Erwähnenswert wäre noch die Frau des Thomas Müntzer,  auch sie eine ehemalige Nonne. -  Als bedeutendste Reformatorin bezeichnet der Osnabrücker Theologe Martin H. Jung Katharina Zell, geb. Schütz aus Sraßburg. Sie entstammt einer Handwerkerfamilie und konnte eine Bürgerschule besuchen. Sie interessiert sich früh für die evangelische Predigt und heiratet dann auch den Prediger Matthäus Zell aus Kaysersberg.  (Das Elsass ist stark lutherisch geprägt. Aus Kaysersberg stammt auch Albert Schweitzer.)  E. Zell begnügt sich nicht damit,  ihrem Mann den Haushalt zu führen. Sie schreibt Briefe, Eingaben, sogar Bücher, gibt ein Gesangbuch heraus,  interpretiert Psalmen, verfasst sogar theologische Streitschriften.   Sie engagierte sich auch sozial fürsorglich, sie war tolerant,  suchte zwischen verschiedenen reformatorischen Positionen zu vermitteln.  Eine eingehendere Würdigung  dieser bedeutenden Frau findet sich bei  M.H. Jung, Die Reformation, Theologen, Politiker, Künstler. -  Die Vorschau auf den Themenabend  zitiert Goethe: Das Ewig Weibliche zieht uns hinan. Ob dieses Zitat des Dichters und Womanizers  Goethe hier wirklich passt, wäre wohl diskussionswürdig.  Angeregt wurde auch das umstrittene Thema  „Gender“. Den  Frauengestalten der Reformation jedenfalls ging es wohl wirklich um religiöse Dinge. Ihre Rolle wussten sie aus der Bibel zu begründen. Möglicherweise waren sie pragmatischer und weniger dogmatistisch als die Männer.
Ergänzung:                                                                                                    (Christian Brehmer)
"Das Ewig-Weibliche zieht uns hinan", so wie es wohl Goethe verstanden hat, ist die Herabkunft (Gnade): " ....und hat die Liebe gar von oben teilgenommen ..." (Faust II, Z. 11938/39) Sie wird dem Menschen zuteil durch Hingabe, eine eher weibliche Qualität, wiewohl auch gleichermaßen im Manne angelegt.

                                                                                                            
Vorschau 2.2. 2018: Menschenrechte / Menschenpflichten
                                                                                                                      Jürgen Staas 
Die Menschenrechte sind eine wesentliche Grundlage des westlichen Denkens, seit 1948 in der Charta der UN verankert und von vielen Staaten unterzeichnet. Umstritten sind ihre Ursprünge. Sind sie religiöser, jüdisch-christlicher, biblischer  Natur,  oder sind sie vielmehr säkularer, philosophischer  Aufklärung zu verdanken?  Für beide Auffassungen gibt es gute Begründungen. Die Würde des Menschen lässt sich biblisch aus der Ebenbildlichkeit des Menschen mit Gott herleiten, oder aus dem Galaterbrief, der die Gleichheit betont („ nicht Jude noch Grieche, Knecht noch Freier,  Mann noch Weib, Sklaven noch Freie“).  Fest steht leider, dass die christlichen Kirchen die Menschenrechte erst sehr spät anerkannt und dann auch zu ihrer Sache gemacht haben. Die säkulare Aufklärung hat sie oft gegen religiöse Widerstände erkämpfen müssen. -  Die Sklaverei ist erst im frühen 19. Jh. abgeschafft, die Gleichberechtigung der Frauen im 20. Jh. erkämpft worden. -  Lang ist die Liste der Kämpfe um demokratische Rechtsprinzipien:

1215  Magna Charta  Libertatum (Rechtsprinzipien gegen staatliche Willkür),  1628 Petition of Rights,  1672  Pufendorf, deutscher Jurist in Schweden, vertritt das „Naturrecht“:   De iure naturae et gentium:  „Und so hat der Mensch eine außerordentliche Würde, weil er eine Seele besitzt, die unsterblich ist, und erleuchtet ist durch das Licht seines Verstandes.“  -  1679  Habeas corpus (Stärkung der Unabhängigkeit des Richters). -  1689  Bill of Rights (englisch;  Rechte des Parlaments als Legislative, Meinungs- und Redefreiheit).  - 1776  Declaration of Independence der USA (unveräußerliche Rechte auf Leben, Freiheit,  Streben nach Glück, etc.). -  1789  Déclaration des Droits de l'Homme  et du Citoyen  (Fundament demokratischer Freiheiten). -  1789  Bill of Rights  (USA,  Amendments to the Constitution /Zusatzartikel über bürgerliche Freiheiten (Religion, Rede,  Versammlung, Presse,  Waffenbesitz). -  1948  Allgemeine Erklärung der MR durch die UN. -  1961 Amnesty International  -  1978  Human Rights Watch  -  1949  Grundgesetz der BRD.  -   

Die Menschenpflichten werden 1997 formuliert, als Ergänzung und Gegengewicht zu den MR. Die englische Version spricht von „responsibilities“  , also Verantwortlichkeiten, was einen etwas anderen Blickwinkel bedeutet.  Prominente Unterzeichner sind u.a.  Helmut Schmidt,  Jimmy Carter,  Valéry Giscard d'Estaing,  Filipe Gonzales,  Schimon Peres,  P.E. Trudeau.  Die MP decken sich weitgehend mit dem „Weltethos“, das Hans Küng vertritt.   Übergeordnet ist das Prinzip, den Menschen menschlich zu behandeln.  Wichtig ist auch das Gebot der  Gegenseitigkeit, wie es in der Goldenen Regel der Bergpredigt zum Ausdruck kommt oder in Kants Kategorischem Imperativ.  Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, Solidarität,  Hilfsbereitschaft, Wahrhaftigkeit,  Respekt,  Schutz,  Toleranz,  Gerechtigkeit,  Gewissensfreiheit,  Widerstand gegen Gewalt, Lüge, Hass, Manipulation.  Ehrfurcht vor dem Leben, Naturschutz,  nachhaltiges, gerechtes Wirtschaften. Es geht also um ganz allgemeine positive menschliche Verhaltensweisen, die nicht neu, sondern immer gültig sind. -  Literatur: Martin Klingst, Menschenrechte (Reclam „100 Seiten“) .
                                                                                                   

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