Sonntag, 18. Juni 2017

Nachschau   02.06.2017: Interview mit Heiner Geisler  
                                                                                                      Jessika Schwark
                                                 
Thema: „Mich packt der Zorn“- Interview mit Heiner Geissler anlässlich seiner
Streitschrift „ Kann man noch Christ sein, wenn man an Gott zweifeln muss?“
Schon die erste Frage des Interviews „ Herr Geissler, glauben sie noch an
Gott? und die Antwort „ Ich habe große Zweifel“ geben Stoff für Diskussionen:
Darf man denn überhaupt an Gottes Existenz/ Gottes Wesen zweifeln? Eine
Teilnehmerin berichtet, dies sei in Ihrer Jugend doch eindeutig eine große
Sünde gewesen?
Die folgende Aussage Geisslers: „ Mich packt der heilige Zorn“ lässt ebenfalls
Spekulationen zu- denn was ist überhaupt „ heiliger Zorn“?
Kann ein Mensch, der zornig ist, überhaupt irgendein Thema wahrlich
beurteilen? Oder ist er Sklave seiner Emotionen, die seinen Geist und seine
Wahrnehmung trüben?
Das theistische Gottesbild weist Gott drei wesentliche Eigenschaften zu:
allmächtig, allwissend, allgegenwärtig- warum also gibt es Leiden in dieser
Welt?
An dieser Frage verzweifelt auch der frühere Jesuit Heiner Geissler, spricht
von einem „ Skandal“, der die Kraft hat, jede Generation neu zu erschüttern.
Am Leben und Sterben des historischen Jesus von Nazareth, der „ mein Gott,
warum hast Du mich verlassen“ klagt, stellt sich die Frage nach dem
strafenden Gott.
Geissler kritisiert die Führungselite der Kirchen: „ Zwei Milliarden Christen
könnten die Welt verändern, wenn die entsprechende geistige Führung da
wäre“, diese Aussage führt zur Diskussion über die Eigenverantwortung eines
jeden einzelnen Menschen und zu der Frage, ob wir als Menschen überhaupt
einen freien Willen haben, zu handeln, oder ob wir letzlich nur glauben, frei zu
handeln...
Wir sind uns einig, dass uns das Interview mindestens noch Stoff für einen
weiteren gemeinsamen Abend bietet.
Dieser findet nach unserer Sommerpause am 04.08.17 bei Jürgen Staas statt.

Vorschau  4.8. 2017: Interview mit Heiner Geißler
(Fortsetzung)                                      Klaus Burghardt    

Im letzten Treffen ging es u.a. um das Problem von Willensfreiheit und Determinismus. Möglicherweise gibt es hierzu noch Gesprächsbedarf?

Es wurde auch moniert, daß Geißler viel kritisiere, aber wenig Positives anzubieten habe. Dem wurde mit dem Hinweis auf Geißlers Christus-Bild begegnet und mit den Forderungen, die er an die Kirchen stellt. Sind sie berechtigt? Oder zu radikal?

Die Botschaft Jesu („die Pflicht zur Solidarität unter den Menschen“), die Frage der Theodizee, Geißlers Einschätzung des Papstes („der beste Mann, den wir zurzeit auf der Welt haben. Er kämpft gegen die globale Ökonomie, 'die tötet' ...“) scheinen mir weitere mögliche Diskussionspunkte zu sein.

Lest bitte noch einmal den Text der Vorschau zum 2.6.17 „Mich packt der Zorn“ und wenn möglich das Interview vom 31.3.17: http://www.zeit.de/2017/14/heiner-geissler-glauben-alter-interview/komplettansicht

Die Streitschrift "Kann man noch Christ sein, wenn man an Gott zweifeln muss?" (7 Euro) von Heiner Geißler ist im März im Ullstein Verlag erschienen.

Heiner Geißler ist Autor zahlreicher Bücher. Der ehemalige Bundesminister, geb. 1930, war 25 Jahre lang Mitglied des Deutschen Bundestages und Schlichter von Stuttgart 21.