Sonntag, 18. Oktober 2015



Vorschau  13.11.2015                            Angela Muselmann-Bruhn
!!! 2.Freitag im November !!!

Offener Abend
- gemeinsames Ernten der verborgenen Schätze in unserer Runde
- Gelegenheit Themen aus 2015 aufzugreifen und zu ergänzen

Die klassisch neurobiologische Forschung der Persönlichkeitsentwicklung zeichnet sich durch ihren Schwerpunkt auf die Betrachtung der Schwangerschaft und den ersten drei Lebensjahren aus und es wird davon ausgegangen, dass diese Zeitspanne die Persönlichkeit entscheidend prägen (z.B. Roth, 2003). In den letzten Jahren jedoch, vor allem ausgelöst durch technische Innovationen, die ein stetiges Weiterlernen erforderlich machen, gewinnt das Schul- und Erwachsenenalter immer mehr an Bedeutung. Die Erkenntnis über die lebenslange Plastizität des Gehirns, zur Vernetzung der Hirnareale und zu neuronalen Verknüpfungen führt zu der Erkenntnis, dass Lernen ein lebenslanger Prozess ist: „Über die Lebensspanne werden neue Informationen aufgenommen, bestehende Gedächtniseinheiten verändert oder mit neuen Eindrücken in Zusammenhang gebracht.“ (Brand & Markowitsch, 2008)
Vor diesem Hintergrund werden unbewusstes (das  limbische System wird vor allem durch unbewusste Erfahrung und soziales Lernen geprägt)  und bewusstes Lernen, sowie Lernen aus (reflektierter) Erfahrung und im sozialen Kontext, hinsichtlich der Frage diskutiert, welche theoretischen und praxisrelevanten Konsequenzen sich im Hinblick auf die bewusste Steuerung von Lernprozessen ableiten lassen und welches Verhalten bzw. welche innere Haltung hilfreich ist, sich gegenseitig in seiner Potentialentfaltung zu unterstützen.
Es geht also einerseits darum, zukunftsweisende Lösungen heraus zu finden, in welchen Rahmenbedingen der Mensch sich optimal einbringen, verändern und entwickeln kann und andererseits festzustellen, was der Mensch selbst zu seiner Persönlichkeitsentfaltung, innerer Haltungsschulung, beitragen kann.
Demnach scheint es relevant, über die Veränderung der Beziehungs- und Führungskultur nachzudenken und neue Formen des Umgangs miteinander zu erproben.

Das Experiment, dass ich an diesem Abend mit Euch starten möchte, braucht Mut sich auf etwas Ungewohntes einzulassen, Ergebnisoffenheit zu Gunsten einer selbstbeobachtenden Haltung und Reflexionsbereitschaft für den eigenen Anteil am Geschehen. Somit steigt die Selbstverantwortlichkeit jeden Teilnehmers, zu dem Gelingen eines fruchtbaren Austausches miteinander beizutragen und für sich individuell zu entscheiden, was für ihn augenblicklich hilfreich oder informativ war.
Dieser Abend wird uns Gelegenheit geben, uns im aufmerksamen Zuhören zu üben, uns selbst dabei zu erkennen, wie wir uns durch vorschnelles Urteilen der Erfahrung berauben multiperspektivisch wahr zu nehmen und wie wir uns selbst hemmen, uns weiter zu entwickeln, indem wir an Überzeugungen und Selbstidentifikationen festhalten.
Die Frage, was uns heilt, bzw. was notwendig ist für uns Menschen, um zukunftsfähig zu bleiben, führte uns schon häufiger zu der Antwort, dass nur ein tiefgreifender Kulturwandel, der sich durch eine nachhaltige Veränderung der bisherigen Denk- und Arbeitsweisen auszeichnet, zu erreichen ist. Doch welche Voraussetzungen müssen wir uns selber schaffen, damit wir uns gegenseitig unterstützen können, über uns selbst hinaus wachsen zu lernen?
Ich lade Euch also zu einem kommunikativen Selbsterfahrungsprozess ein, bei dem nicht die Einhaltung einer bestimmten Thematik im Vordergrund steht, sondern mehr, die Beobachtung der eigenen Kommunikationsweise und welche Reaktionen ich damit ernte.
Dieses Vorgehen hat zum Ziel, mehr Bewusstheit, in unbewusstes, geprägtes Rollenverhalten zu bringen und darüber zu einem  wachen, selbstbewussten und aufmerksamen Miteinander, zu finden.


Nachlese  2.10.2015                     Christian Brehmer
„ ... auf dass ihr heil werdet“,  Phil. 2, 12 / Männer zwischen Risiko und Sicherheit
Dem Referat als Impuls für das darauf folgende Gespräch lag eine Predigt von Jürgen Staas zugrunde zum Männersonntag am 18. Oktober 2015 in der Paulus-Gemeinde, Melle.
In seiner Predigt stellte der Referent fest, dass wenn wir uns gut geht und wir uns in Sicherheit wähnen, uns oft Langweile überkommt. Dann sind, besonders die Männer, offen für Risiko, bis hin zum Abgrund des Krieges. Hinzukommt das Streben nach Identität: Perspektivlose Nobodys profilieren sich gerne durch Aggression. „Gewalt kann schlicht Spaß machen, bis hin zum Rausch“. Des Weiteren sind Menschen leicht verführbar. Da ist eine unterschwellige Sehnsucht nach dem „starken Mann“, der zeigt wo es lang geht. Dann sind wir sogar bereit, unseren kritischen Verstand an der Garderobe abzugeben. Bis das Desaster kommt und wir aufwachen.
Aber der Referent hebt auch das Positive hervor. Schließlich lebt Europa seit 70 Jahren in Frieden. Es sind menschliche Begegnungen, die Grenzen und Sprachlosigkeit überwinden. Voraussetzung dafür sind vor allem Erziehung und Bildung: Gesunde Bedingungen schon vor der Geburt; eine liebevolle, gewaltfreie Erziehung im Kleinkindalter und später aufklären, bewusst machen. Kommt hinzu das Beispiel der Frauen: Sie sind  in vielem vernünftiger als die Männer und pragmatischer. Gewalt ist bei ihnen eher reaktiv.
Die anschließende Diskussion knüpfte an die Polarität männlich/ weiblich an. Es kam das Argument auf, dass in jedem Mensch beide Pole angelegt sind und es uns aufgegeben ist, sie im Handeln zum Ausgleich zu bringen. Unverfälschtes Leben sehen wir bei Kindern. „Sie sind noch nicht verdreht“. Das gibt es auch auf anderer Ebene bei Menschen mit einer geistigen Behinderung. Sie sind authentisch.
Auch die Aufgabe „heil werden“ wurde noch einmal aufgegriffen. Auf körperlicher Ebene ist die Medizin weitgehend erfolgreich; von der Psychiatrie kann man das nicht sagen.
Doch was heißt „heil werden“ im ganzheitlichen Sinn? Das ist die Kernfrage, die in der Predigt zu kurz kam. Soll der Mensch in seinem Garten arbeiten, keine komplizierten Fragen stellen und einfach glücklich sein? Wenn das so einfach wäre. Denn: „Unruhig ist der Mensch, bis er ruhet in GOTT“, so Augustinus. Und diese Unruhe kann weder die Psychiatrie noch ein verkürztes Christentum heilen. 
„Seid still und erkennet, dass ich GOTT bin“, heißt es in Psalm 46,11. Versuchen wir das nicht zu Beginn jeder Philrunde? Gemeint ist die gedankliche Stille,  nicht nur das Schweigen. Gedankliches Schweigen ist die Voraussetzung zur Gotteserkenntnis. Nur dann werden wir heil.