Sonntag, 20. Oktober 2013



Nachlese vom 4.Okt. 2013                           Chris Brehmer

Kunst als wichtigster Weg zur menschlichen Bildung.So die Ausgangsthese von unserem Politkünstler Dieter Pentzek.
„Bildung hat ein Nachdenken des Einzelnen über sich und seine Teilnahme am sozialen Leben zur Folge“, so Dieters Definition einer gelungenen Bildung. Wenn das nur der Konsens wäre in unserem Kultusministerium, an Schulen und Hochschulen! Allenthalten dominiert die Ausbildung im Dienste von Wirtschaft und Konsum. „Das Nachdenken des Einzelnen“ bleibt auf der Strecke. In der Hektik des Alltags kommt die Reflexion und Selbstreflexion zu kurz. Und die reine Reflexion, die STILLE, die Sophia für welche die Tiefenphilosophen stehen, ist für viele noch ein Buch mit sieben Siegeln. Aus der STILLE entspringt eine Kunst die wahrhaft  bildungswirksam ist. So sagte z.B. Caspar David Friedrich:
    „Schließe dein leibliches Auge, damit du mit dem geistigen Auge zuerst                    siehest dein Bild. Dann fördere zutage, was du im Dunkeln gesehen, dass es zurückwirke auf andere von außen nach innen.“

Doch hören wir Dieter selbst:
Kunst als Weg –
war das Thema, das ich vorgeschlagen hatte, weil mir Kunst seit der Kindheit wichtig ist. Schon in der ersten Nachkriegszeit hatte ich das Gefühl, dass nur die Kunst über das Menschsein froh macht. Und so bezeichne ich heute das Erleben von Musik, Malerei, Dichtung und weiterer Kunstgattungen als
wichtigsten Weg zu menschlicher Bildung.

        Ja, bestätigte ein Teilnehmer der Runde. Das habe schon Rudolf Steiner gesagt, der die Waldorfschule gründete. Und so kamen wir nach der Frage der Bildung, die ein Nachdenken des Einzelnen über sich und seine Teilnahme am sozialen Leben zur Folge hat, in unserem Diskurs zum 
Weg menschenwürdigen Handelns.

        Für die Rolle, welche die Kunst in Bildung und Handeln weiterhin spielt -  so brachte ich ein - steht u. a. die Aktion  Wie man einem toten Hasen die Bilder erklärt. Darin bewegte sich Joseph Beuys, dem toten Hasen auf seinem Arm ins Ohr sprechend, durch die Ausstellungshallen der Documenta.
        Einen weiteren Teilnehmer an der Runde schien das aber abzustoßen. Aktionen provozieren nur, meinte er. In der Kunst, wo es um das Schöne gehe, käme es auf meisterhafte Techniken an, aus denen Aktionen wohl kaum bestünden.  
        Schönheit liegt, wie man sagt, im Auge des Betrachters, entgegnete ein anderer. Rückantwort: Was ist daran schön, wenn man einer Hasenleiche ins Ohr redet?
        Etwas schon, gab ein weiterer Gesprächspartner zu bedenken. Das Liebevolle, was sich darin ausdrücke, das sei etwas menschlich Schönes. Es habe etwas Hoffnungsvolles – die Aussicht, den Hasen vielleicht in seinem Jenseits zu erreichen. Er schlug vor, durch Meditation selbst ins Jenseitige zu blicken.
        Darauf sagte ich, dass wir, Roswitha und ich, auf der Documenta oft meditativ einen abgestorbenen Beuys-Baum begossen und in den Gesichtern der jungen Schüler, welche mit ihren Lehrern die Großausstellung besuchten, ein frohes Erstaunen sahen – so als wäre  i n  i h n e n  der Baum zu neuem Leben erwacht.  

Melle, 10.10.2013                             
Dieter Pentzek

 Vorschau 1.11. 2013

Uns erwartet ein Impuls – Referat von Jürgen Staas über „Eine kurze Geschichte des Mythos“ nach Karen Armstrong, Oxforder Religionswissenschaftlerin.
         Die Autorin beschreibt die Geschichte des Mythos von den Anfängen der Steinzeit mit den Vorstellungen der Jäger und Schamanen bis zu den weltanschaulichen Umwälzungen der Neuzeit und schließlich der Moderne mit ihrer Diskreditierung durch die Naturwissenschaften. Die Geschichte des Mythos ist zugleich eine Ideen- und Kulturgeschichte der Menschheit. Nach Armstrong ist der Mythos eine frühe Form der Psychologie und der Versuch, die Welt zu verstehen.

Jean Gebser gemäß hat die Menschheit im Verlauf der Evolution vier Bewusstseinstufen durchschritten: die archaische, die magische, die mythische und die mentale Ebene. Gegenwärtig befinden wir uns im Übergang zur kommenden integralen Bewusstseinsstufe.  

Donnerstag, 3. Oktober 2013



Nachlese 6. Sept. 2013                                              Christian Brehmer

Es kam wieder einmal ganz anders als geplant. Wollten wir doch über Unterschied zwischen östlichen und westlichen Ansatz auf der Suche nach Erkenntnis sprechen. Aber es lag wohl etwas anderes in der Luft. Und da heißt es abwägen. Soll man das Thema aufgreifen oder an dem anknüpfen, was  spontan unter den Anwesenden läuft. Wir hatten uns für das letztere entschieden, und es ergab sich ein lebendiger Austausch. Such is life!
Es ging um die Suche nach der Einheit in der Vielheit der Sichtweisen. Denn die unterschiedlichen Sichtweisen, wenn sie zu Überzeugungen verhärtet werden, sind ja der Sand im Getriebe zwischenmenschlicher Beziehungen. Ob das in der Familie ist, am Arbeitsplatz oder auf politischer Ebene. Wir spüren das gegenwärtig besonders deutlich vor den Wahlen am 22.9. Die Suche nach den optimalen Strukturen gesellschaftlichen Zusammenlebens ist unerlässlich und bedarf der Anerkennung. Nur Verhärtungen und Scheuklappen sind kontraproduktiv. Schließlich gibt es nur eine optimale Vorgehensweise, um deren Annäherung alle bemüht sind. Der demokratische Prozess soll dabei helfen. Doch da ist der Sand im Getriebe. Und der sollte hinterfragt werden.
Die Kultur des Hinterfragens und der Reflexion kommt bei uns in der Flut der Information und in der Hektik des Aktionismus zu kurz. Denn in der Reflexion, vor allem wenn sie in die reine  Reflexion einmündet, in die gedankliche Stille, in die Sophia,  kommt es zu einer Annäherung an die Wahrheit und damit zu einer Optimierung der Vorgehensweise. Das gilt für den politischen Prozess, das gilt für mich ganz persönlich bei meinen Entscheidungen im Alltag. Solange ich noch im Getriebe der Gedanken bin, auch wenn der Verstand sie logisch führt, bin ich nicht in der Ganzheit, die sich nur in der Stille auftut. Der Verstand denkt linear, die Wirklichkeit aber ist ein System. Deswegen versuchen wir  zu Beginn unserer Philrunde uns kurz der Stille zu nähern. Und wenn wir eine solche praktische Übung im Alltag übernehmen wollen, bedarf es der Motivation, der Geduld und der Bereitschaft ggf. auch innere Schatten anzuschauen.
In unserer Runde kam es zum Einwand, dass das Stillsitzen und zur Ruhe bringen der Gedanken, also die Meditation, nicht jedermanns Sache ist. Seit eh je gibt es dem Naturel der Menschen entsprechende Wege: Den Weg des (selbstlosen) Handels, den Weg der Hingabe an die höhere Intelligenz, den Weg der (genuinen) philosophischen Reflexion und den Weg der Meditation.
    
Martin Buber: „Gott sagt nicht, das ist ein Weg zu mir und das ist nicht ein      Weg zu mir, sondern alles ist ein Weg zu mir, wenn du es nur zu einem Weg zu mir machst.“

Vorausschau 4.10.2013

Wir wollen  die These von Dieter Pentzek, politisch engagierter Künstler, aufgreifen: „Kunst ist die wichtigste Bildung“. Er hat uns bereits ein ergreifendes Paper ausgehändigt, das die Handschrift seines Erlebens nach dem 2. Weltkrieg trägt. Reich an Anregungen für ein profundes Gespräch!
Nach Goethe werden die höchsten Kunstwerke zugleich als höchste Naturwerke vom schöpferischen Menschen geschaffen. Mithin müssten sie aus der gleichen Quelle kommen…